27 Juni 2006

Verführung und Distanz

Karin Kneffel – Verführung und Distanz
15. Juli – 24. September 2006
Ausstellung im Mönchehaus-Museum für moderne Kunst Goslar

Seit den 80er Jahren macht die 1957 in Marl geborene Gerhard Richter-Schülerin mit vermeintlich realistisch gemalten Bildern von Tieren, Früchten, Landschaften und Interieurs auf sich aufmerksam. Seit 2000 lehrt sie an der Hochschule der Künste in Bremen. Auf der einen Seite dokumentieren ihre Werke das beeindruckende technische Vermögen der Malerin, das Bildmotiv scheinbar perfekt wiederzugeben. Auf der anderen Seite führen die Wahl des Blickwinkels, des Bildausschnitts oder auch die Monumentalisierung bestimmter Motive zu überraschend neuen Perspektiven auf scheinbar vertraute Gegenstände. In ihren Obststillleben – eine Gattung, die die Künstlerin seit rund zehn Jahren immer wieder aufs Neue interpretiert –, monumentalisiert sie die Früchte durch extreme Nahsicht und gibt ihnen damit eine formatsprengende Präsenz. Der Widerspruch zwischen der vermeintlichen Selbstverständlichkeit naturgetreuer Wiedergabe der Gegenstände und der Verunsicherung durch befremdende Darstellungsweisen ist in Karin Kneffels Malerei Konzept.

Die Ausstellung umfasst großformatige Interieurs, Stilleben und Figurendarstellungen sowie Aquarelle der jüngsten Werkphase.

undo redo

Am 2. Juni eröffnete die Kunsthalle Fridericianum Kassel die Ausstellung undo redo, die zeitgenössische Strategien der Aneignung untersucht. Die unterschiedlichen Formen der Montage, des Zitats oder des Samplings von bildlichem, akustischem oder schriftlichem Material haben eine lange Tradition in der Bildenden Kunst. Beispiele lassen sich in der Avantgarde-Kunst, der Konzeptkunst und dem Pop wieder finden. Während in der Moderne nur das Neue und Einmalige von Bedeutung waren, besteht die Innovation zeitgenössischer Entwicklung in der Weiterverarbeitung und Veränderung von bereits Bestehendem – im Prozess der Post-Produktion.

Die 10 Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung greifen auf bereits existierende Texte, Bilder oder Musikstücke zurück, die sie durch gleichzeitige Re- und Dekonstruktion in neue Kontexte und Bezüge setzen und dadurch neues Wissen und Bedeutungen generieren. Die Umwelt wird dabei als große Materialsammlung verstanden, in der sich heutzutage fast alles downloaden oder mixen lässt und neu arrangiert werden kann. Diese Tatsache beeinflusst nicht nur die Wahrnehmung der Welt, sondern auch die aktuelle Kunstproduktion. Dabei geht es den Künstlerinnen und Künstlern nicht darum, fremde Ideen zu wiederholen oder sich zu Eigen zu machen. Vielmehr zeigen sie Wege und Möglichkeiten verantwortungsvoll mit Geschichte und künstlerischen Arbeiten umzugehen. Durch die große Menge an verfügbaren Informationen gewinnen die Auswahl des Materials und die Techniken des Neuzusammensetzens zunehmend an Bedeutung. Wie verschieden diese Prozesse verlaufen können, zeigen die versammelten Arbeiten.

Kuratiert wird die Ausstellung von Solvej Helweg Ovesen
3. Juni – 16. Juli und 2. – 17. September 2006

23 Juni 2006

Architecture IV

Das nächste Fundstück in der Google-Videothek in Sachen Architektur ist ein Feature über das legendäre Centre Pompidou de Paris.

"Das Centre national d’art et de culture Georges Pompidou ist ein staatliches Kunst- und Kulturzentrum in Paris, das aufgrund seiner Lage auf dem unweit des ehemaligen Grossmarktes Les Halles gelegenen "Plateau de Beaubourg" im Volksmund auch auch Centre Beaubourg genannt wird. Von dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Georges Pompidou initiiert, wurde es von den Architekten Renzo Piano, Richard Rogers und Gianfranco Franchini entworfen und nach einer sechsjährigen Bauzeit am 31. Januar 1977 eröffnet." [wikipedia]

22 Juni 2006

Gotteslästerung

Ein erfrischendes Interview findet sich heute bei Spiegel online. Der Kabarettist Dieter Hildebrandt äußert sich zu den bayerischen Plänen, den § 166 zu verschärfen. Seine Diagnose: "die gewünschte Verschärfung des Gotteslästerungsparagrafen ist reine Maulhurerei. Wenn's drauf ankommt, tut dann doch niemand was, weil er sich damit lächerlich machte." Zugleich verweist der Protestant Hildebrandt ironisch auf die lange Geschichte der Blaspemievorwürfe, wenn er feststellt: "Als Protestant bin ich ja selbst eine Gotteslästerung."

[Mehr gibt es hier ...]

Julia Oschatz

Die Städtische Galerie Wolfsburg zeigt vom 2. Juli bis 10. September 2006 unter dem Titel Vager Vagabund eine Ausstellung der Künstlerin Julia Oschatz. Die Künstlerin beschäftigt sich in der Ausstellung mit den Themen Reisen, Räume und verborgene Landschaften. Der Betrachter findet sich gezeichneten, gemalten oder computeranimierten Bildern gegenüber, die zu einer spannenden Rauminstallation zusammengestellt sind.

21 Juni 2006

Architecture III

Der nächste Architekturfund bei Google-Video ist ein Feature über das Guggenheim-Museum in Bilbao. Auch dies wiederum ein höchst interessanter Beitrag!

wikipedia: "Von der Idee bis zur Realisierung vergingen 16 Jahre. Die baskischen Behörden entwickelten Konzepte zur kulturellen Belebung der Stadt Bilbao. Ein Bestandteil sollte das Guggenheim Museum werden, was der Guggenheim Foundation 1981 vorgeschlagen wurde. Man einigte sich und ein internationaler Wettbewerb wurde ausgeschrieben. Auf Wunsch der baskischen Behörden sollte eines der bedeutendsten Bauwerke des 20. Jahrhunderts entstehen. Den Wettbewerb gewann der Architekt Frank O. Gehry, der ein Meisterwerk aus Stahl, Stein, Titan und Wasser kreierte.

Im Oktober 1997 öffnete das Museum mit einer Gesamtfläche von 24.000 m², davon 11.000 m² reine Ausstellungsfläche. Bereits im ersten Jahr zählte das Museum 1.300 000 Besucher, nicht zuletzt auch wegen der spektakulären Architektur. Das Bauwerk ist heute zum Wahrzeichen der Stadt Bilbao geworden und hat der Stadt zu internationalem Renomme verholfen."

Franz Hitzler

Die Galerie, Frankfurt, zeigt vom 29. Juni bis 2. September 2006 "Franz Hitzler. Bilder 18970-2006". Die Galerie zeigt rund 60 Weke aus unterschiedlichen Schaffenszeiten des renommierten Künstlers.

Memoria

Das Kunsthaus Kloster Gravenhorst zeigt vom 25. 6.-17.9.2006

"MEMORIA! - 7 Positionen"
Ausstellung zum Thema Gedächnis und Erinnerung

Mit Arbeiten von Madeleine Dietz, Lili Fischer, Antonia Low, Ursula Neugebauer, Heike Pallanca, Sigrid Sigurdsson und Simone Zaugg

"Wer über Erinnerung spricht, kommt ohne Metaphern und Bilder nicht aus. Das Phänomen Gedächtnis verschließt sich offenbar direkter sprachlicher Beschreibung. Vielleicht waren auch deshalb Gedächtnis und Erinnerung schon immer ein Thema in der bildenden Kunst. Aber auch in der aktuellen Kunst ist Erinnerung weiterhin ein brisantes Thema. Bilanz ziehen in einer als krisenhaft erlebten Zeit, Zurückblicken bei der Ankunft in ein neues Zeitalter, das scheint immer noch eine der wichtigsten Aufgaben der Kunst zu sein. Einer der fünf Themenkomplexe, die die Ausstellungs- und Projekttätigkeit des Kunsthauses bestimmen, lautet denn auch "Remember History/Think History" und dazu soll das geplante künstlerische Ausstellungsprojekt "Memoria" im Jubiläumsjahr 2006 beitragen. Die sieben national und auch international renommierten Künstlerinnen unterschiedlicher Generationen, die mit ganz unterschiedlichen Medien arbeiten, setzen sich mit dem Thema, dem Ort und seiner Geschichte auseinander.

Die Eröffnung ist am 25.06.06 um 12.00 Uhr

Schlechte Nachrichten

Man hätte es ahnen können. Kaum sagt jemand von der EKD etwas, was jeder mit Vernunft und Bildung begabte Mensch vertreten würde, da wird er von Ratsmitgliedern zurückgepfiffen. Über Form und Wortwahl dieses Anpfiffs darf man sich aber schon wundern.

Peter Hahne, Diplomtheologe, Journalist, Publizist und Ratsmitglied der EKD, der noch nie intellektueller Ambitionen oder theologischer Reflektionen, geschweige den kulturhermeneutischer Überlegungen verdächtig war, denunziert die Kulturbeauftragte der EKD Dr. Petra Bahr unter der ungeheuerlichen Zwischenüberschrift "Wie kann eine EKD-Angestellte ohne Absprache mit dem Rat für Schlagzeilen sorgen?" mit folgenden Worten:

Es ist stil- und instinktlos, ausgerechnet einem der wenigen Spitzenpolitiker derart vorschnell und vorlaut in den Rücken zu fallen, der sich wie kein anderer für den Schutz christlicher Interessen einsetzt. Für die Kirche sei es peinlich und schädlich, „dass in einer solch sensiblen Frage Angestellte der EKD im Namen der EKD für plakative Schlagzeilen sorgen können, ohne dass dies im zuständigen Rat abgesprochen wird“. „Ausdrücklich als EKD-Ratsmitglied“ dankte Hahne dem bayerischen Ministerpräsidenten, dass er auf die politische Tagesordnung setze, was kirchliches Herzensanliegen sei, nämlich „das Heilige heilig zu halten“.

Oh sancta simplicitas!

Als Mitglied der evangelischen Kirche und als mit der Kultur befasster Theologe kann ich da nur ganz unironisch sagen: Herr Hahne verlassen Sie den Rat der EKD! Sie sind eine peinliche Belastung für die Kultur des Protestantismus!

Für alle Beauftragten der EKD, ob sie nun Rundfunk-, Film- oder Kulturbeauftragte sind, wird zugleich deutlich, für was Ratsvertreter sie halten: für bloße Angestellte mit Sprachrohrfunktion! Aber vielleicht war das von Anfang an auch die Absicht bei der Etablierung dieser Positionen.

Und für alle Kulturschaffenden wird deutlich, was sie Ratsvertretern der EKD bedeuten: nichts, weil jenen der Kotau vor den durchsichtigen Interessen von Politikern wichtiger ist als das offene Gespräch mit der Kultur.

20 Juni 2006

Architecture II

Ein weiteres Fundstück unter den Google-Videos ist ein Fernseh-Feature über das Bauhaus in Dessau.

Das Bauhaus Dessau - auch Bauhaus-Gebäude Dessau - ist ein Gebäudekomplex, der 1925 bis 1926 nach Plänen von Walter Gropius als Schulgebäude für die Kunst-, Design- und Architekturschule Bauhaus entstand.

19 Juni 2006

Gute Nachrichten

Härtere Strafen für so genannte Blasphemie lehnt die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) ab. "Wir sehen keine Gründe für die Verschärfung des Strafrechts", sagte die EKD-Kulturbeauftragte Petra Bahr.

Die Rechtsprechung sei bislang sensibel mit blasphemischen Handlungen umgegangen.Die Regelung im Strafgesetzbuch, nach der die "Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen" mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden könne, reiche völlig aus, sagte Bahr. Die Richter hätten bislang "in einer Verantwortung, die die Evangelische Kirche sehr begrüßt", geurteilt.

Hoffentlich setzt sich diese Haltung in der Kirche auf breiter "Front" durch!

Architecture I

Googles Video Archiv ist eine Fundgrube für die Recherche kultureller Phänomene - von der Bildenden Kunst bis zur Architektur. Zahlreiche Dokumentationen lassen sich hier finden und betrachten.

Heutiges Fundstück ist ein Feature über das Jüdische Museum in Berlin, entworfen von dem Architekten Libeskind. Das Feature dauert knapp 26 Minuten und ist in Englisch.

Palettes

Die Sammlung Palettes ist eine Serie von Filmen, die herausragenden Malern der Geschichte und deren Werken gewidmet ist. Regisseur Alain Jaubert untersucht und interpretiert mit Hilfe moderner Analyse- und Videotechniken ausgewählte Werke der Künstler.

Bei Google-Video sind nun diese Analysen als 26 etwa halbstündige Filme in der französischsprachigen Version abgelegt. Die Qualität ist so, dass es zum ersten Anschauen und Informieren reicht. Der urheberrechtliche Status des Angebots ist mir nicht ganz ersichtlich, viele der Analysen sind allerdings im Handel nicht mehr erhältlich. Die Filme thematisieren Künstler wie Bacon, Goya, Matisse, Duchamp, Picasso, Bonnard, Rembrandt, Rubens, Vermeer, Shitaio, von Eyck, Ingres, Toulouse-Lautrec, Monet, Manet, Delacroix, Vuillard, Cezanne, van Gogh, Veronese, Gericault, Seurat, Katsushika sowie Orte wie Lascaux und Pompeji.

17 Juni 2006

Viewing pleasure

UbuWeb is pleased to present dozens of avantgarde films for your viewing pleasure.

Darunter befinden sich Filme von Samuel Beckett, Joseph Beuys, Luis Buñuel, John Cage, Marcel Duchamp, Wolf Vostell, Nam Jum Paik, Yoko Ono. Man Ray und vielen anderen mehr.

Eine absolute Fundgrube!

One by two



America's Best Student Shorts presents One by Two, a short animation about the need for intimacy and the need for space.

http://www.tooparanoid.com/1by2/1by2.htm

14 Juni 2006

14. Juni 1966

wikipedia: Die Römische Kurie hebt den seit 1559 geführten, zuletzt mehr als 6000 Titel umfassenden Index der verbotenen Bücher auf: "Auf dem Index von 1949 finden sich die Schriften, die sich mit der Glaubens- oder Sittenlehre der Kirche nicht vereinbaren lassen, zum Beispiel die Liebesgeschichten von Honoré de Balzac, die Chansons von Pierre-Jean de Béranger, sieben Werke von René Descartes, zwei Werke von Denis Diderot (darunter seine Encyclopédie), die Liebesgeschichten von Alexandre Dumas (Vater) und von Alexandre Dumas (Sohn), vier Werke von Heinrich Heine, die Kritik der reinen Vernunft von Immanuel Kant, das Gesamtwerk von Maurice Maeterlinck und nahezu alle Werke von Voltaire, aber auch weniger bekannte Bücher wie Die Unvereinbarkeit der neuen päpstlichen mit der bayerischen Staatsverfassung von Joseph Berchtold, 1871, Die klösterlichen Genossenschaften in Bayern und die Aufgabe der Reichsgesetzgebung von Heinrich Dürrschmidt, 1875, Vergangenheit und Gegenwart der katholisch-theologischen Fakultäten von Sebastian Merkle, 1913, Politik aus dem Glauben von Ernst Michel, 1926 und Herrgottswissen von Wegrain und Straße. Geschichten von Webern, Zimmerleuten und Dorfjungen von Joseph Wittig, 1922. Als einer der letzten gelangte Sartre auf den Index."

Leipzig Vernissage TV

Leipzig hat einen eigenen Videoblog seiner Galerien, der hier abrufbar ist. Beteilight sind u.a.:

* Christoph Hundhammer
* die naTo
* Dogenhaus
* Galerie Eigen+Art
* Galerie Post
* Galerie Quartier
* Galerie Sammler
* GfZK
* Halle 14/Stiftung Federkiel
* Junge Kunst
* Kunsthalle der Sparkasse
* maerzgalerie

13 Juni 2006

Vernissage TV

Vernissage TV ist ein Video-Weblog, auf dem filmische, atmosphärisch dichte Stimmungsbilder von Kunstevents präsentiert werden: "VernissageTV (VTV) takes you to opening receptions (vernissages) of exhibitions and events. Online, worldwide, on demand. VernissageTV provides insight to the social side of the art world. For you, Vernissage TV is talking with artists in a relaxed style." Das Besondere des Angebots ist es, dass es per Feed in das Angebot von Kunstvermittlern eingebunden werden kann: "VernissageTV provides its feeds under a Creative Commons license. Museums, galleries and artists are free to integrate the feeds into their web sites." In jedem Fall sollte man den RSS-Feed von VernissageTV abonnieren, um auf dem Laufenden zu bleiben!

07 Juni 2006

Vor-Sicht!

Wenn eines in der Kirche als sicher gelten kann, dann die sich endlos wiederholende Warnung vor der Anpassung an den Zeitgeist. Man braucht nur einmal in einer beliebigen Suchmaschine die Stichworte "Zeitgeist" und "Anpassung" miteinander verbinden und schon stößt man auf eine Fülle von Belegstellen. "Papst Benedikt warnt vor Anpassung an den Zeitgeist" - "Steffensky warnt vor Anpassung der Kirche an den Zeitgeist" - "Bayerns Bischof Friedrich verlangt, die Menschen sollten dem Heiligen Geist stärker vertrauen als dem Zeitgeist".

Offenkundig ist nichts gefährlicher als dieser Zeitgeist. Aber nicht nur für diesen selbst, sondern auch für dessen Kritiker gilt Goethes Satz: "Was ihr den Geist der Zeiten nennt, ist im Grunde genommen der Herren eigener Geist." Konsequent notiert die wikipedia-Enzyklopädie lapidar: "Der Begriff Zeitgeist spiegelt das allgemeine intellektuelle und kulturelle Klima einer Zeit bzw. Epoche wieder." Man könnte Zeitgeist also durchaus auch als Geistesgegenwart bezeichnen. Das würde sich bei der beliebten Zeitgeistkritik nur nicht mehr so populär anhören.

Wer in der Wikiquote unter Zeitgeist nachschlägt, findet alle Konservativen des jeweiligen Zeitgeistes einträchtig versammekt: Von Madame de Stael und Johannes Dyba, Helmut Kohl und Ludwig Marcuse, Hans Magnus Enzensberger und Phil Bosmans.

Biblisch wird auf Römer 12,2 verwiesen, was aber insofern irreführend ist, als dass der Text im Dienste der Erneuerung und nicht der Bewahrung steht: "Passt euch nicht dieser Weltzeit an, sondern erneuert euer Denken und Leben."

Zeitgeist ist zur Denunziationsformel verkommen, die dem jeweils Andersdenkenden gilt. Was einzig biblisch wäre, nämlich neu über den Zeitgeist hinaus (= vorwärts) zu denken, spielt aktuell keine Rolle. Dabei wäre das das einzig Logische: Nicht bei dieser Weltzeit stehen zu bleiben, sondern innovatorisch über sie hinaus zu gehen. Das wäre aber ein kulturelles Konzept und niemand steht weniger im Verdacht, kulturell innovativ zu sein, als die ewig gestrigen Denunzianten des Zeitgeistes.

Schleier-Macher

„Soll der Knoten der Geschichte so auseinandergehen: die Wissenschaft mit dem Unglauben und das Christentum mit der Barbarei?“

[Friedrich Schleiermacher]

06 Juni 2006

The Empire strikes back

Der SPIEGEL vermeldet vom späten 6. Juni unter der Überschrift "Stoibers Glaubensgipfel":

"Wir sind hier alle einer Meinung." - "Wir", das sind heute die Vertreter von Katholiken, Protestanten, Juden, Griechisch-Orthodoxen sowie ein Islamexperte. "Wir alle" umfasst die Religionsgemeinschaften im Verein mit anwesenden Repräsentanten von Medien und Politik. Zwei Stunden haben sie bei Brez'n und Mineralwasser in der bayerischen Staatskanzlei diskutiert: Über die Mohammed-Karikaturen, über die MTV-Papstsatire "Popetown", kurzum: über einen besseren Schutz religiöser Überzeugungen."

Auf die Stellungnahme der evangelischen Seite über den erreichten Grundkonsens "dass nicht alles mit Füßen getreten werden darf, was anderen heilig ist" bin ich schon gespannt! Gibt es künftig einen Satireschutz für Fußball, PKW, Geld, Aktien, Kapitalismus, Globalisierung, Vorgärten, Gartenzwerge und nicht zuletzt die deutsche Nation? Denn wie heißt es schon bei Luther in der Auslegung des 1. Gebotes im Großen Katechismus: Worauf du nun dein Herz hängst und verlässest, das ist eigentlich dein Gott.

Aber vermutlich beschließen künftig die Repräsentanten von Christen, Juden und Muslimen was uns heilig sein darf und was nicht. Wohl bekomm's.

05 Juni 2006

God game

Im gerade erwähnten Weblog von Douglas Rushkoff geht es momentan auch um das literale Verständnis der Bibel. Douglas hat in den USA einen Comic veröffentlicht, der sich offenkundig für eine metaphorische und literarische Interpretation der Bibel ausspricht. Zugleich kündigt er die Toleranz für jene, die unter Berufung auf eine wortwörtliche Interpretation der Bibel andere Menschen und Völker unterdrücken.

Interessant sind daran mehrere Dinge. Zum einen, dass in den USA offenkundig nur wenige Menschen mit den Erkenntnissen der historisch-kritischen Erforschung der Bibel (etwa im Blick auf die Schöpfungsberichte) vertraut sind, so dass Rushkoff es ihnen erklären muss. Zum anderen, dass man auch in den USA als 'mutig' erscheint, wenn man sich kritisch mit religiösen oder kirchlichen Fragen auseinandersetzt. Warum eigentlich?

media virus

Angesichts der aktuellen Konflikte um Religion und Medien ist Douglas Rushkoffs Klassiker "media virus" aus dem Jahr 1994 weiterhin ein Lektüretipp: "Rushkoff definiert eine Botschaft - ob Nachricht, Bild, Comic oder Film - wie einen Virus, dessen einzige Aufgabe die seiner Verbreitung ist. Er dringt in einen Datenträger ein, und wenn die Abwehrkörper zu schwach sind, befällt er immer weiter den gesamten Medienorganismus." Schnell wird deutlich, dass gerade angesichts der Medienkonflikte der letzten Zeit hier Interessantes zu finden ist.

Rushkoff hat gerade unter dem Titel "Die neue Renaissance" ein neues Buch veröffentlicht, in dem er sich mit der durch das Internet entwickelnden sozialen Vernetzung beschäftigt.

Rushkoff hat übrigens auch ein eigenes, gut gepflegtes Weblog, das sich aktuell u.a. mit dem Verhältnis von Religion und Politik und religiöser Metaphorik und politischer Ingebrauchnahme beschäftigt!

04 Juni 2006

Begegnungen

Noch bis zum 25. Juni ist in der Stadt Wehr die Ausstellung "Begegnungen" des Kunst+Diakonie-Vereins Wehr-Öflingen zu sehen. Gezeigt werden Werke von 150 Künstlern (u.a. von Otmar Alt, Peter Angermann, Horst Antes, Thom Barth, Hans Baschang, Jürgen Brodwolf, Stefan Budian, Madeleine Dietz, Cordula Güdemann, Franz Hitzler, Walter Stöhrer, Ben Willikens ....)

Geöffnet ist die Ausstellung Samstags/Sonntags und an Feiertagen von 11-13 und 14-18 Uhr.

Jenseits des Realen

Im Ludwig-Museum in Köln ist noch bis zum 25. Juni die Ausstellung "Salvador Dalí – La Gare de Perpignan. Pop, Op, Yes-yes Pompier" zu sehen. Bereits vor einem Jahr fand in der Ev. Akademie Iserlohn dazu eine Tagung statt, deren Vorträge jetzt als Tagungsprotokoll vorliegen. Der Band enthält Beiträge von von Rüdiger Sareika (Vorwort), Gerhard Kolberg, Birgit Schulte, Andreas Mertin, Annette Quast, Reinhard Kirste und Stefanie Grebe. Das Buch kann bei der Akademie unter dieser Adresse bestellt werden.

Pfingsten

"Pfingsten - [griechisch pentekoste 'der fünfzigste (Tag nach Ostern)'], im Judentum das Wochenfest, das in jüdisch-hellenistischen Kreisen auch 'Pentekoste' ('Fest des fünfzigsten Tages') genannt wurde, woraus die christliche Bezeichnung Pfingsten hervorging. In den christlichen Kirchen bildet Pfingsten den Abschluss der Osterzeit und wird in den Kirchen abendländischer Tradition als das Fest der Sendung des Heiligen Geistes und der Begründung der Kirche gefeiert, in der orthodoxen Kirche als das Fest der Trinität (Pfingstsonntag) und der Geistsendung (Pfingstmontag). Die biblische Begründung des Pfingstfestes findet sich in der in Apostelgeschichte 2,1 folgende geschilderten Ausgießung des Heiligen Geistes am fünfzigsten Tag nach dem ersten Passahfesttag, dem so genannten 'Pfingstwunder'." [Brockhaus]

Das Bild stammt von
Giotto di Bondone (1267-1337), Szenen aus dem Leben Christi: Pfingsten, 1304-06, Fresko 200 x 185 cm, Cappella Scrovegni, Padua [Weitere Bilder ...]

02 Juni 2006

Meisterwerke

Meisterwerke der Buchmalerei aus der Zeit zwischen 400 bis 1600 verspricht und bietet dieses wunderschön ausgestattete Buch, das zur Zeit besonders preisgünstig erhältlich ist. Es bereitet wirklich viel Genuß durch das chronologisch aufgebaute Buch zu blättern und die einzelnen Bilder zu studieren und sich von den Sachinformationen weiter helfen zu lassen. [Und hier liegt auch das einzige Manko: der häufige unreflektierte Gebrauch problematischer Begriffe wie 'alttestamentarisch' oder 'altjüdisch'. Aber das kann man Kunsthistorikern offensichtlich nicht austreiben.]

Dennoch ein empfehlenswertes Buch.

01 Juni 2006

Heft 41 des theomag erschienen

Heft 41 des Magazins für Theologie und Ästhetik ist erschienen! Es enthält u.a. folgende Beiträge und Aufsätze:

Das verletzte Gefühl
Eine Chronologie religiöser Empfindsamkeiten im Christentum
Jörg Mertin / Andreas Mertin

Frömmigkeit und Blasphemie - das geht zu z/weit
23 Thesen und 1 Anhang
Harald Schroeter-Wittke

Paradigma "beleidigt"
Bruno Amatruda

Pasquinade Popetown
Der Skandal der Skandalisierung
Andreas Mertin

Bilderstreit und Kulturverlust
Über die Reizbarkeit des religiösen Gefühls am Beispiel von Leonardos Abendmahl
Andreas Mertin

Der Heilige Antonius von Padua
Letzte Versuchung
Wilhelm Busch

Das Tribunal der Inquisition

Francisco Goyas Bild "Das Tribunal der Inquisition" ist vom 1.6.-31.08.2006 in der Blackbox des Magazins für Theologie und Ästhetik zu sehen. 1814 musste sich Goya selbst wegen der so genannten nackten Maja vor der Inquisitions verantworten.