20 Februar 2010

Pfarrer einst - und heute?

"Ich sagte: „Der Krieg wird wohl bald zu Ende sein. Was dann über Deutschland hereinbrechen wird, davon können wir uns heute kaum eine Vorstellung machen. Soviel ist sicher, man wird solche Kerle wie Sie notwendig brauchen, Apfelsinenpfarrer. Unter tausend evangelischen Pfarrern gibt es keinen wie Sie. Heute, in der Stunde unseres Abschiedes darf ich Ihnen das sagen.

Die meisten Pfarrer haben acht Semester Theologie studiert, aber das Leben haben sie nicht studiert. Sie können die Bibel auslegen, aber das Leben kennen sie nicht. Viele Pfarrer sprechen nicht die Sprache des Menschen von heute und viele kennen auch die Nöte des Menschen von heute nicht. Außerdem glaubt man vielen von ihnen den Glauben nicht. Man glaubt ihnen nur die theologische Dialektik. Wo sie gehen und stehen, wollen sie andere bekehren. Sie wissen nicht, wie furchtbar schwer es ist, zu glauben. Sie vertreiben die Intelligenz aus der Kirche. Sie klammern sich an Betschwestern und Kirchgänger, als seien Beten und Kirchgang allein Zeichen von echtem Christentum."

Aus: Friedrich Deich,Windarzt und Apfelsinenpfarrer. Aufzeichnungen eines Psychiaters.