Kath.net meldet heute Folgendes: Der Islamische Staat (IS) hat in dieser Woche
auf die Aussagen von Papst Franziskus zu Islam und Terror reagiert und via der
eigenen Zeitung "Dabiq" die Aussagen von Franziskus, dass Muslime den
Frieden wollen und die Handlung des IS wirtschaftlich motiviert sei, als naiv
kritisiert. Dies berichtet die "Freie Welt" unter Berufung auf das
US-Online-Magazin "Breitbart.com".
Nun wäre es für ein Nachrichtenportal relativ einfach, statt Aussagen
von Dritten zu übernehmen, die sich auf Aussagen von Vierten über Aussagen von
Fünften beziehen, selbst mal eben schnell zu recherchieren, ob das so Berichtete
auch zutreffend ist. Dabiq, die Zeitschrift des Daesch ist im Internet leicht
zugänglich. Und tatsächlich beschäftigt sich die aktuelle Ausgabe 15 vorrangig
mit dem Christentum. Das Heft ist Ende Juli erschienen. Schon das macht die Meldung,
die Zeitschrift beziehe sich mit ihrer Stellungnahme auf eine Äußerung von
Papst Franziskus, die dieser am 1. August getätigt hat, sehr unglaubwürdig. Es
sei denn, man unterstellte den Autoren geradezu prophetische Qualitäten. Also
ist der Teaser von kath.net und alle der neokonservativen Propagandisten a la Breitband
oder Freie Welt schlichtweg falsch.
Richtig ist, dass in der aktuellen Ausgabe
von Dabiq das Verhalten der verschiedenen Päpste zum Islam untersucht wird und
dabei auch die Haltung von Franziskus besprochen wird. Aber die Stellungnahme
ist etwas anders als man von den Teasern der Konservativen erwarten würde. Die Zeitschrift verweist zunächst auf die
lange Tradition konfrontativer Begegnungen mit dem Islam durch verschiedene Päpste
(bis hin zu Papst Benedikt). Das passt natürlich nahtlos in das Weltbild des
Daesch. Probleme bekommen sie erst, seitdem mit Papst Franziskus ein Papst aufgetreten
ist, der so gar nicht in das konfrontative Schema passt. Seine Freundlichkeit
deuten sie nun als besonders subtile Art der konfrontativen Auseinandersetzung: “So while
Benedict and many before him emphasized the enmity between the pagan Christians
and monotheistic Muslims, Francis’ work is notably more subtle, steering clear
of confrontational words that would offend those who falsely claim Islam, those
apostates whom the Crusaders found played the perfect role for their infiltration
into Muslim lands.” (Dabiq 15, S. 75) Im Gegensatz zu Benedikt “Francis continues to hide behind a deceptive veil of
“good will,” covering his actual intentions of pacifying the Muslim nation. This
is exemplified in Francis’ statement that “our respect for true followers of
Islam should lead us to avoid hateful generalizations, for authentic Islam and
the proper reading of the Quran are opposed to every form of violence” (The Joy
of the Gospel). (Dabiq 15, S. 76) M.a.W. sie wittern in Papst Franziskus
die wahre Gefahr. Das ist nun wirklich interessant. Unter der Hand erweisen
sich so die konservativen Evangelikalen und die konservativen Katholiken als
Verbündete im Geiste mit den Ideologen des Daesch. Denn alle haben ein erkennbares
Interesse an einer Eskalation.
Diese Übereinstimmung wird noch an einer
anderen Stelle deutlich, dort nämlich, wo sich der Daesch über die liberale
Haltung des Papstes zu den Homosexuellen echauffiert. Bis in die Wortwahl
stimmen hier Rechtskatholiken und Daesch-Ideologen überein. "Completely
disregarding his own Church’s doctrine of judging homosexuals as immoral for
engaging in the perverted act of sodomy, Francis has again sidestepped religion
for the sake of public opinion." Der Daesch deutet diese liberale Haltung
des Papstes als "part of the papal
mission to garner any support possible, even from the likes of filthy,
effeminate sodomites, in the crusade against the Muslim nation in general and
the Islamic State in particular." Das ist natürlich ziemlich über die Bande
gedacht, so kann nur denken, wer sich im Zentrum der Welt sieht. Jedenfalls
sieht der Daesch den Papst nicht als naiven, nützlichen Idioten. Und deshalb
werden auch die Gespräche, die Papst Franziskus mit den großen Vertretern des Islam
führt, von den Ideologen des Daesch als reale Bedrohung wahrgenommen. "This is all part
of a plan to demilitarize Islam or, to put it more correctly, to remove the
clearly Quran- and Sunnah-based duty of waging jihad against pagans until all
the world is ruled by the Shari’ah." Vielleicht sollten die Macher von kath.net und idea
wirklich mehr in Dabiq lesen, um zu erkennen, dass in Wirklichkeit sie es sind,
die als nützliche Idioten des Daesch deren Eskalationsstrategie befeuern.