15 Februar 2007

"Kulturschaffende"

Am kommenden Mittwoch wiederholt sich ein Ritual, das man "Aschermittwoch der Künste bzw. der Künstler" nennt. Die höchsten Vertreter der Kirche empfangen ausgewählte Vertreter der Künste, um ihnen ein Aschekreuz auf die Stirn zu malen. Der Künstler Georg Meistermann hat einmal ironisch dazu bemerkt, dass dieser Ritus in der Katholischen Kirche entstanden sei, weil man die Gruppe der Künstler für besonders sündig und vergebungsbedürftig hielt. Ausdruck einer Wertschätzung ist es jedenfalls kaum, eher Ausdruck einer überholten höfischen Kultur. Besser wäre es, die entsprechenden kirchlichen Potentaten würden auch im Alltag der Kirche eine entsprechende Wertschätzung der freien Künste pflegen. Das tun sie aber nicht.

Am kommenden Mittwoch empfängt nun auch die Bischöfin Margot Käßmann, gerade im letzten Jahr noch aufgefallen durch besonders kulturfreundliche Worte, die Künstler zu einem Aschermittwoch der Künste. Vermarktet wird das von der EVLKA unter der Überschrift "Landeskirche empfängt Kunst- und Kulturschaffende". Das ist schon eine mehr als entlarvende Ankündigung, denn der Begriff des 'Kulturschaffenden' stammt aus den Wirren der Weimarer Republik und kam dann vor allem im Nationalsozialismus unter dem Reichspropagandaminister Goebbels, der zugleich Präsident der Reichskulturkammer als Vereinigung aller Kulturschaffenden war, zu Ehren. Und auch das System der DDR machte sich den Begriff zunutze. Das Lexikon vermeldet: "In allen totalitären Systemen war die Verwendung des Begriffs verbunden mit der Festlegung politisch gesellschaftlicher Aufgaben der "Kulturschaffenden" (zugunsten des jeweiligen Systems)." Bereits 1946 wurde das Wort dem "Wörterbuch des Unmenschen" zugerechnet. Heute zählt es zu den "überlebensfähigen Resten" der DDR-Sprache.

Dass in der Pressemeldung das Wort "Kulturschaffende" verwendet wird, mag im konkreten Fall ein Zufall sein. Es ist aber nicht zu übersehen, dass das Wort seit einigen Jahren in kirchlichen Veröffentlichungen Verwendung findet. Und ich vermute, dahinter steckt ein Programm. Nicht umsonst ist die EVLKA schon seit längerem dafür bekannt, ein Programm der Rückführung der Künstler zur kirchlichen Programmatik zu verfolgen. Und da ist dann das Wort "Kulturschaffender" ein treffendes Wort.