Im aktuellen Pfarrerblatt habe ich einen interessanten Aufsatz von Georg Raatz gefunden, der sich mit den Deutungen und der Bedeutung der fünften Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche beschäftigt. Sie war ja unter dem Stichwort "religiöse Indifferenz" vermarktet worden und wurde stellenweise als "Ende des liberalen Paradigmas" gedeutet. Raatz geht dieser Deutung nach und stellt sie mit guten Argumenten in Frage.
Der Text von Georg Raatz "Zwischen Entdifferenzierung und Selbstimmunisierung" lässt sich online abrufen.
29 Oktober 2014
02 Oktober 2014
Protestantismus und Bild
Wenn in einer Broschüre zum Thema Bibel und Bild vier Mal Leni Riefenstahl,
drei Mal Gustav Dore und kein Mal Ernst Barlach, Joseph Beuys, Andy Warhol, Marc
Rothko oder Barnett Newman, geschweige denn Bruce Naumann, Gerhard Richter,
John Baldessari, Cindy Sherman, Lawrence Weiner oder Sol LeWitt vorkommen, allenfalls
ein in einer Kirche platziertes Werk von Anish Kapoor (und dann nicht einmal
das aus der Dresdner Frauenkirche) – dann befinden wir uns im Herzen des Protestantismus
2015. Einer kunst- und bild-analphabetischen Religion – zumindest was seine
Funktionärskaste angeht. Wenn statt eines Künstlers ein künstlerisch-tätiger
Theologieprofessor, statt wirklicher Kunst ein Designbüro für die Kunst einsteht,
dann merkt man, dass der Protestantismus in Sachen Bild seit Luther nichts dazu
gelernt hat. Noch immer herrscht unter seinen Funktionären (von wenigen Ausnahmen
wie Ralf Meister abgesehen) eine unmittelbare Verdinglichung der Kunst, eine Ingebrauchnahme
der Bilder wie sie instrumenteller kaum gedacht werden kann.
„Bilder veranschaulichen die Zentralität Christi oder die Bedeutung der Predigt für die Gemeinde“ (Ratsvorsitzender Schneider) – darauf wird es wohl hinauslaufen. Es ist diese narzisstische Verliebtheit des Protestantismus in den Wortfetischismus, die einem den Atem raubt. Und auch die alte Erfahrung aus Pfarrerfortbildungen schlägt voll durch: der evangelische Pfarrer oder Professor kann alles selber und besser: malen, dichten, schriftstellern, musizieren. Den Differenzierungsgewinn der Moderne verachtet er, Autonomie ist ihm ein Gräuel. Und deshalb ist der Protestantismus auch so mittelmäßig. Aber man könnte es auch ehrlich nennen.
Das Titelbild der erwähnten Broschüre ziert ein grau-weißes Kreuz auf weißem Hintergrund, das in einem Pinsel endet. Banaler geht es nicht. Da lobe ich mir die Kunst der Gegenreformation, die protestantischer als der Protestantismus heute jemals sein kann, nach dem Verhältnis des Einzelnen zum Bild fragt, und auf deren Bildern Christus dezentriert platziert ist und der Betrachter in Gestalt des Malers ins Bild drängt. Und deshalb lautet mein Motto für heute: Zurbaran statt Cranach!
„Bilder veranschaulichen die Zentralität Christi oder die Bedeutung der Predigt für die Gemeinde“ (Ratsvorsitzender Schneider) – darauf wird es wohl hinauslaufen. Es ist diese narzisstische Verliebtheit des Protestantismus in den Wortfetischismus, die einem den Atem raubt. Und auch die alte Erfahrung aus Pfarrerfortbildungen schlägt voll durch: der evangelische Pfarrer oder Professor kann alles selber und besser: malen, dichten, schriftstellern, musizieren. Den Differenzierungsgewinn der Moderne verachtet er, Autonomie ist ihm ein Gräuel. Und deshalb ist der Protestantismus auch so mittelmäßig. Aber man könnte es auch ehrlich nennen.
Das Titelbild der erwähnten Broschüre ziert ein grau-weißes Kreuz auf weißem Hintergrund, das in einem Pinsel endet. Banaler geht es nicht. Da lobe ich mir die Kunst der Gegenreformation, die protestantischer als der Protestantismus heute jemals sein kann, nach dem Verhältnis des Einzelnen zum Bild fragt, und auf deren Bildern Christus dezentriert platziert ist und der Betrachter in Gestalt des Malers ins Bild drängt. Und deshalb lautet mein Motto für heute: Zurbaran statt Cranach!
01 Oktober 2014
Heft 91 von tà katoptrizómena ist erschienen!
Das Heft trägt den Titel
Bild-Lektüren
und enthält folgende Beiträge
EDITORIAL
Eine biblische Wortverbindung, ins Gespräch gebracht mit Sigmar Polkes Glasfenster 'Der Menschensohn" oder: Warum mehr als eine Verstehensmöglichkeit „schriftgemäß“ ist
Jürgen Ebach
Gegen eine Welt von Feinden?
Warum mein Vater nicht über seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg redete
Hans-Jürgen Benedict
Über die moderne Kunst
Paul Klee
Eine Rezension
Marc Weber
Bildende Kunst und Literatur
Ein Buch
Andreas Mertin
In stiller Nacht
Ein Volkslied entschlüsselt als Trauergesang Christi im Garten Gethsemane
Hans-Jürgen Benedict
Hester und Jim
Zur theologischen Aktualität zweier klassischer Romane
Wolfgang Vögele
Reformation statt Reförmchen
Eine Streitschrift zur Lage der Ev. Kirche in Deutschland
Harald Schroeter-Wittke
Ein Blogsurrogat
Andreas Mertin
VIEW
MenschensohnEine biblische Wortverbindung, ins Gespräch gebracht mit Sigmar Polkes Glasfenster 'Der Menschensohn" oder: Warum mehr als eine Verstehensmöglichkeit „schriftgemäß“ ist
Jürgen Ebach
Gegen eine Welt von Feinden?
Warum mein Vater nicht über seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg redete
Hans-Jürgen Benedict
Über die moderne Kunst
Paul Klee
RE-VIEW
Das durchscheinende BildEine Rezension
Marc Weber
Bildende Kunst und Literatur
Ein Buch
Andreas Mertin
In stiller Nacht
Ein Volkslied entschlüsselt als Trauergesang Christi im Garten Gethsemane
Hans-Jürgen Benedict
Hester und Jim
Zur theologischen Aktualität zweier klassischer Romane
Wolfgang Vögele
Reformation statt Reförmchen
Eine Streitschrift zur Lage der Ev. Kirche in Deutschland
Harald Schroeter-Wittke
POST
Notizen VIIEin Blogsurrogat
Andreas Mertin
Label:
Theomag
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