Die taz ist für eine differenzierte Kommentierung von Kulturphänomenen nicht gerade berühmt. Wenn es um die klischeehafte Darstellung etwa von religiösen Vorgängen geht, steht sie der BILD-Zeitung in nichts nach. Jüngstes Beispiel: der
Kommentar zu den Protesten der römischen Kurie gegen Madonnas Inszenierung einer Kreuzigung bei ihren Konzerten. Im beinahe archaischen Alt-68er-Jargon pawlowscher Reiz-Reaktion-Schemata wird Madonnas Inszenierung und die Reaktion der römischen Kurie als Hand-in-Hand-Spiel von Kulturindustrie und katholischer Kirche gedeutet. Der Kommentar ist eine Ansammlung von Stereotypen und Klischees. Und natürlich bar jeder Kenntnis des beschriebenen Gegenstands. Madonna habe schon 1989, so schwadroniert der taz-Kommentar, in ihrem Video zu "Like a prayer" einen schwarzen Jesus flachgelegt. Nur dass es sich nicht um einen schwarzen Jesus handelte, sondern um St. Martin de Porres, einen Sohn einer Sklavin und eines peruanischen Adeligen. Da ist Madonna in ihrer Kritik des alltäglichen Rassismus fortschrittlicher als die taz. Und das es nicht um das "Flachlegen" geht - das behaupten nur wahrnehmungsgestörte katholische Geistliche -, sondern um eine 'unio mystica'. Aber Differenzierungen interessieren die taz nicht, solange das Weltbild nur stimmt. Darin wiederum stimmt sie mit der Kurie überein.