16 September 2013

Propaganda

Man stelle sich das einmal kurz vor: Da versammeln sich Tausende in der Hauptstadt Berlin, um mit einem Marsch ihre Ideologie kundzutun. Und am Ende wollen sie nach ihrer Abschlusskundgebung noch einen Gottesdienst im Berliner Dom abhalten. Da kommen Ihnen Erinnerungen hoch? Ja, mir auch. Und als Berliner Domgemeinde würde ich es mir deshalb verbitten, derartig als Propagandamittel für die Feier irgendwelcher "Märsche" zu ideologischen Zwecken missbraucht zu werden.

Gott sei Dank hat die Berliner Domgemeinde auch so entschieden. Das hindert die abgewiesenen so genannten 'Lebensschützer' mit ihrem Marsch fürs Leben (um die handelt es sich im vorliegenden Falle), die schon mal gerne Abtreibung mit dem Holocaust in einen Konnex bringen, nicht daran, sich vehement über diese Absage zu echauffieren. Ausgerechnet auf dem katholischen Portal, das Protestanten auch schon mal als "Protestunten" denunziert, ihnen die Selbstbezeichnung als Kirche verweigert und einen vehementen Kampf gegen nahezu alle protestantischen Kirchenvertreter von Käßmann bis Schneider führt, wird nun geklagt, die Protestanten zeigten zu wenig ökumenischen Geist.

Es vergeht kein Tag, an dem nicht auf kath.net Protestanten geschmäht werden und z.B. in den Kommentaren wie im aktuellen Fall als Werkzeuge des Satans bezeichnet werden. Sicher, so schlimm wie andere katholische Portale, auf denen Martin Luther schon mal gerne als "Schwein in der Hölle" bezeichnet wird, ist es bei kath.net noch nicht. Aber die Sprache der Kommentatoren spricht Bände. Hier wird ständig die Ökumene der Praxis, die sich landauf, landab in den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden durchgesetzt hat, mit Füßen getreten.

Die protestierenden Lebensschützer wollen gar keine Ökumene, denn dann müssten sie sich ja fragen, was denn die Theologie der Domgemeinde in dieser Frage ist. Sie wollen einen Agitationsort für ihre religionspolitische Propaganda, die nur Schwarz oder Weiß kennt. Und den sollte man ihnen mit guten Gründen verweigern.